Virtuelle Schallquellen

TU Ilmenau entwickelt Audio-Technologie für Augmented-Reality-Anwendungen

Die Technische Universität Ilmenau hat Audio-Technologie für Augmented und Virtual Reality entwickelt, die es ermöglicht, virtuelle Schallquellen in einer natürlichen Umgebung zu erzeugen. Wenn eine Person auf die Schallquelle zu geht, daran vorbeiläuft oder sich darum herumbewegt, nehme sie den Schall so wahr, als ob die Quelle in dem Raum wäre.

Virtuelle Schallquellen Grafik
Audio-Technologie der TU Ilmenau für Augmented und Virtual Reality ermöglicht es, virtuelle Schallquellen in einer natürlichen Umgebung zu erzeugen. (Bild: Frank Hofmeyer/Technische Universität Ilmenau)

Um ein möglichst naturgetreues Hörempfinden der virtuellen Schallquellen zu erzielen, habe man sich bislang handelsüblicher Kopfhörer bedient und die Wiedergabe der im Raum befindlichen Schallquellen entsprechend der Kopfbewegungen und -drehungen des/der Hörenden angepasst. Sollen all diese akustischen Details bei der Schallwiedergabe berücksichtigt werden, sei dafür nicht nur eine große Rechenleistung der Computer, sondern auch ein großer Mess- und Modellierungsaufwand nötig.

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So sei es für eine 3D-Raumsimulationssoftware und für deren Bediener:innen zeitaufwändig, die akustischen Oberflächeneigenschaften einer komplexen Raumumgebung zu rendern, also aus den vorliegenden Rohdaten etwa einer verwinkelten Bibliothek mit Tausenden Büchern ein Umgebungsbild zu erzeugen, um daraus wiederum die für die Schallwiedergabe notwendigen Eigenschaften aller einzelnen Wand-, Regal- und Buch-Oberflächen zu berechnen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen Kunstkopfmessungen vor
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fachgebiets Elektronische Medientechnik nehmen Kunstkopfmessungen vor, um neue Audio-Technologien voranzutreiben. (Bild: Florian Klein/Technische Universität Ilmenau)

Hier setzen die Forschungsarbeiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Fachgebiet Elektronische Medientechnik der TU Ilmenau an. Um die Datenmenge zu reduzieren, setzten sie auf Vereinfachung: Da Menschen ohnehin nicht alle Schalldetails in ihrer Umgebung wahrnehmen, berücksichtigten die Forscher:innen die Reflexionen der Raumumgebung nur noch in dem geringen Maße, wie sie tatsächlich wahrgenommen werden. Damit seien die Rechenleistung der Computer und auch der Arbeitsaufwand gegenüber früheren Verfahren gesenkt worden.

Die Technologie könne beispielsweise im Entertainment- und Gaming-Bereich Anwendung finden – so könne Spieler:innen, während sie in einem virtuellen Gebäude in Ruhe Raum für Raum erkunden, ein realistischer Höreindruck der Welt vermittelt werden. In der Industrie komme die neue Technologie beispielsweise Automobilentwicklern beim Virtual Prototyping zugute: Man könnte ein neues Fahrzeug erkunden und erleben, noch bevor ein Prototyp gebaut wurde. In der Medizin könnte die Technologie zur Erstellung einer Trainingsumgebung für Ärztinnen und Ärzte oder zur Behandlung von Angststörungen und Depressionen Verwendung finden. Im sozialen Bereich könnten mit VR/AR-Technologien Videokonferenzen dadurch erweitert werden, dass sich mehrere Teilnehmer:innen in Form von Avataren in einem virtuellen Raum treffen und nicht nur miteinander kommunizieren, sondern gemeinsam verschiedene Aktivitäten durchführen: zusammen arbeiten, Entwürfe erstellen oder ein Spiel spielen.

Auch in Mixed-Reality-Anwendungen, bei denen virtuelle Inhalte in die reale Umgebung eingefügt werden, könne die Ilmenauer Technologie angewendet werden. So könnten reale Gegenstände virtuell Schall erzeugen, wenn etwa ein Gerät selbst erklärt, wie es zu bedienen ist. Und im Kulturbereich werden Anwendungen denkbar, um beispielsweise Exponate im Museum interessanter und zugänglicher zu präsentieren. Mit einer antiken Statue, die scheinbar spricht, könnten junge Menschen für einen Museumsbesuch begeistert werden.

Annika Neidhardt
Annika Neidhardt vom Fachgebiet Elektronische Medientechnik hat die Forschungsarbeiten zu der Audio-Technologie vorangetrieben. (Bild: Eleonora Hamburg/Technische Universität Ilmenau)

Die Ergebnisse des Projekts wurden auf verschiedenen Messen und Kongressen bereits vorgestellt, unter anderem auf dem International Congress on Acoustics. Heute führen TU Ilmenau und Meta die Ilmenauer Forschungsarbeiten gemeinsam durch. Annika Neidhardt, die die Forschungsarbeiten zu der Audiotechnologie mit ihrem Team vorangetrieben hat, wurde unterdessen zur Leiterin des Fachausschusses für Virtuelle Akustik der Deutschen Gesellschaft für Akustik gewählt, der die Bedeutung der virtuellen Akustik für Anwendungen auch jenseits des Gaming- und Entertainmentbereichs herausstellt: „Augmented und Mixed Reality werden unsere künftigen Arbeits- und Lebensweisen nachhaltig verändern und unsere Kommunikation und Interaktion, also unser gesamtes soziales Miteinander, beeinflussen. Es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, Innovationen zu schaffen, Produktionsprozesse zu entwickeln, Gesundheit zu fördern, Lehre zu gestalten, Kunst zu denken und Musik zu erleben. Wir müssen nur beginnen, sie zu nutzen.“

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