Mitglieder verzeichnen Umsatzeinbrüche von bis zu 90 Prozent

FAMAB fordert differenzierte Betrachtung der Veranstaltungsbranche

In einer aktuellen Meldung fordert der FAMAB Kommunikationsverband e. V. eine differenzierte Betrachtung der Branche. Die November- und Dezemberhilfe sei der Situation in der Veranstaltungsbranche nicht angemessen. Nach wie vor würde zudem in der Politik und in den Medien das Thema Veranstaltungen zu pauschal betrachtet.

Jörn-Huber
Jörn Huber (Bild: ottomisu)

„Es freut uns, dass die Veranstaltungs- und Messebranche nach langen Gesprächen mit der Politik Gehör gefunden hat. Dennoch ist die nun in Aussicht gestellte Novemberhilfe für die Veranstaltungsbranche nach den bisher bekannten Details nur bedingt für alle geeignet, um seit März entstandene Verluste ausreichend aufzufangen. Der Gastronomie zum Beispiel werden die Gelder sicher helfen, für viele unserer Mitglieder hingegen wird die Hilfe durch einen gänzlich anderen Abrechnungsmodus kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein sein“, so Jörn Huber, Vorstandsvorsitzender des FAMAB.

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„Die kommende Weihnachtszeit wird für unsere Branche weder besinnlich noch heiter. Viele werden die Zeit nutzen, um sich ihre ganz eigenen Gedanken zum weiteren Verlauf dieser Pandemie zu machen. Ich hoffe, dass alle noch die Kraft für ein weiteres Durchhalten finden“, sagt Huber weiter. Auch fehlen dem Verband verbindliche Aussagen seitens der Politik über das „wann“ und das „wie“ zu einem Neustart.

Der Vorstandsvorsitzende bemängelt die einseitige Sicht auf Veranstaltungsformate. Entgegen der landläufigen Meinung, es handle sich dabei vor allem um Freizeitveranstaltungen wie Sportevents, Kulturevents oder soziale Events, machen den größten Teil der Branche wirtschaftsbezogene Veranstaltungen wie Messen, Kongresse, Weiterbildungen oder Produktpräsentationen aus. „Business-Events erwirtschaften in Deutschland den Großteil, circa 88 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche – im Jahr 2018 waren das gut 114 Milliarden Euro. Dies lässt sich nicht ohne Weiteres alles einfach ins Digitale verlagern“, betont Huber.

Etwa eine Million Menschen arbeiten im Bereich der Business-Events, insgesamt sind 1,5 Millionen Menschen in der Veranstaltungsbranche tätig. Damit ist die Veranstaltungswirtschaft im Gesamten die sechstgrößte Branche der deutschen Wirtschaft. „Unsere Branche ist sicherlich eine Schlüsselindustrie, wenn man betrachtet, wie viele andere Branchen von Veranstaltungen abhängen. Hotellerie, Gastronomie, kommunalen Messe- und Tagungsgesellschaften Einzelhandel und der komplette Verkehrssektor – alle profitieren in erheblichen Maßen von stattfindenden Veranstaltungen.“ Über einen Kernumsatz von rund 130 Milliarden Euro hinaus veranlasst die Branche mit mehr als 264 Milliarden Euro rund das Doppelte an veranstaltungsbezogenen Ausgaben pro Jahr.

Die hohe wirtschaftliche Bedeutung spiegele sich in den in Aussicht gestellten finanziellen Hilfen nicht wider. „Insbesondere für die Überbrückungshilfe III erhoffen wir uns noch mehr Passgenauigkeit für unsere Branche“, stellt Jörn Huber fest. Dazu zähle unter anderem, die Erhöhung des Förderhöchstbetrags, der jetzt von 50.000 auf 200.000 Euro angepasst wurde. „Für Unternehmen, deren monatliche Fixkosten bei einer halben Million und mehr liegen, ist das immer noch nicht ausreichend, wenn man bedenkt, dass viele seit Mitte März kaum Einnahmen haben und die Lockdown-Phase sich womöglich weitere Monate hinziehen wird.“

Ein weiteres Defizit: Unternehmen, die Umsätze von über 150 Millionen Euro verzeichnen, fallen aus den aktuell verfügbaren Hilfsprogrammen derzeit noch raus. Huber: „Für diese Art von Hilfe sind die Unternehmen zu groß und für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu klein, da dieser eigentlich auf Konzerne ausgelegt ist. Hier braucht es dringend eine Anpassung.“ Hubers Credo: „Will man generell die Wirtschaft retten, muss man auch die Veranstaltungsbranche retten – das wurde von der Politik zu lange nicht erkannt.“

Verlässliche Aussage zum Neustart

Wann aber kann die Veranstaltungswirtschaft wieder hochgefahren werden? Die Aussage des Bundesfinanzministers für geplante Veranstaltungen in der zweiten Jahreshälfte 2021 finanziell aufzukommen, sollten diese aufgrund von verschärften Corona-Maßnahmen ausfallen, gibt dem Branchenverband Anlass zur Hoffnung. „Das Signal ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn, was unsere Mitgliederinnen und Mitglieder neben den Überbrückungshilfen dringend benötigen, ist eine Perspektive und vor allem Planungssicherheit. Wichtig ist aber, dass hier auch Veranstaltungen mit einem wirtschaftlichen Fokus berücksichtigt werden. Derzeit scheint die Ausfallsicherung nur für kulturelle Veranstaltungen gedacht zu werden. Es muss allen klar sein, dass damit der weitaus größte Teil der Veranstaltungen nicht abgedeckt wird“, so Huber.

Im Durschnitt liege der Umsatzeinbruch der FAMAB-Mitglieder bei circa 60 bis 90 Prozent – und das seit mittlerweile zehn Monaten. „In der Messe- und Veranstaltungsbranche ist es nicht selten, dass Projekte eine Vorlaufzeit von mehreren Monaten haben. Wir können es uns nicht leisten, und auch unseren Kunden nicht zumuten, auch noch auf diese Kosten zusätzlich sitzen zu bleiben.“ Um einen verlässlichen Neuanfang zu ermöglichen, plädiert der Verband in diesem Zusammenhang für eine Akzeptanz für Antigen-Schnelltests, eine Verpflichtung müsse in einer entsprechenden Verordnung ermöglicht werden. „Voraussetzung ist natürlich, dass das Infektionsgeschehen in Deutschland sich normalisiert hat“, betont Huber. Dafür müsse bekannt sein, ab wann für die Veranstaltungsbranche Kapazitäten für Schnelltests freigegeben würden.

Veranstaltung ist nicht gleich Veranstaltung

Huber betont, wie wichtig es sei, in Diskussionen über die Veranstaltungsbranche neben den kulturellen Veranstaltungen vor allem die wirtschaftsbezogenen Veranstaltungen in den Fokus zu rücken. Beide fungieren als wichtige im gesellschaftlichen wie im wirtschaftlichen Kontext. „Aus Sicht von Hygieneverordnungen und dem Risikopotential sind sicherlich Business-Events wie Fachtagung/-Kongresse oder auch eine Produktpräsentation anders zu bewerten als Events mit mehreren Zehntausend Besuchern auf engstem Raum. Ich beobachte leider häufig, dass diese Unterscheidung nach wie vor nicht ausreichend gemacht wird, für eine sachliche Beurteilung unserer Forderungen ist sie aber elementar.“

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