Statement des VDVO-Vorsitzenden Bernd Fritzges

VDVO bemängelt staatliche Hilfsmaßnahmen im Zuge der Coronakrise

In einem aktuellen Statement des Verbands der Veranstaltungsorganisatoren e.V. (VDVO) werden erneut die staatliche Hilfsmaßnahmen im Zuge der Coronakrise bemängelt. Es sei nicht gelungen die Dramatik für die Eventbranche an den richtigen Stellen zu platzieren.

Bernd Fritzges
Bernd Fritzges (Bild: Thomas Loris / VDVO)

Lesen Sie hier das Statement des VDVO:

Der VDVO – Verband der Veranstaltungsorganisatoren e.V. – beobachtet mit Sorge die im Zuge der Corona-Krise dramatischen Entwicklungen der letzten Tage. Die dadurch in der Branche hervorgerufenen Totalausfälle würden jetzt zu einem Massensterben vieler Unternehmen führen, folgert der Verband. Zusätzlich fehle die Beachtung von Seiten der Politik.

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Die dramatischen Entwicklungen der letzten Tage und die dadurch verursachten und flächendeckenden Totalausfälle für die Veranstaltungswirtschaft werden jetzt in ein Massen-Sterben der Unternehmen der Branche münden. „Ich bin fassungslos, dass wir es in den letzten Tagen nicht geschafft haben, die Dramatik für die Meeting- und Eventindustrie, Messewirtschaft, Veranstaltungsstätten und Hotellerie an den richtigen Stellen zu platzieren“, resigniert der Vorstandsvorsitzende vom Verband der Veranstaltungsorganisatoren (VDVO), Bernd Fritzges.

Noch vor wenigen Tagen war er davon überzeugt, wenn es etwas Positives an der verheerenden Situation gibt, dann dass die Veranstaltungswirtschaft endlich einmal die notwendige Wahrnehmung erhält, um auch zukünftig besser auf die Politik einwirken zu können. Nun muss der VDVO-Frontmann feststellen, dass diese Chance vertan ist. Doch wie kommt er darauf, schließlich wurde doch jetzt der  Schutzschild für Beschäftige und Unternehmen von Seiten der Bundesregierung beschlossen? Eine halbe Billion Euro stehen zur Verfügung, das muss doch ausreichen.

„Es ist richtig, wer die sieben Seiten des Maßnahmenpakets gelesen hat, wird feststellen, dass dies mit riesigen Summen für mögliche Betriebsmittelkredite und Bürgschaften gespickt ist. Hierbei wird allerdings auch unter anderem direkt auf die Bedingungen für KfW-Unternehmerkredite verwiesen.  Meine bisherige und aktuelle Erfahrung hierzu habe ich bereits zwei Tage zuvor geschildert. Es macht mir den Anschein, dass dieses Programm ausschließlich für die großen Unternehmen mit ausreichend Kapitalreserven aufgelegt wurde, die mit dem ersten Coronavirus-Knock-Out noch gar nicht getroffen wurden“, so Fritzges.

Er berichtet von unterschiedlichen Anbietern der Branche, die das Mittel der Kurzarbeit gar nicht erst nutzen, sondern die Mitarbeiter direkt in die Arbeitslosigkeit geschickt haben. Darüber hinaus gibt es in seinem unternehmerischen Umfeld kaum noch Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht mit dem Thema Insolvenz bereits beschäftigen bzw. gesetzlich verpflichtet sind, dies zu tun. Was Fritzges jedoch beschäftigt, sind die für ihn völlig verzerrten Prioritäten in der Berichterstattung und in den Äußerungen der Regierungsvertreter.

So schafft es z. B. die Bundesliga auf Anhieb direkt in alle Nachrichtenkanäle, wenn es um 50.000 Arbeitsplätze und die Einbußen von 750 Millionen Euro aufgrund der Spielabsagen geht. „Wenn es in unserer Branche jedoch um Hundertausende von Arbeitsplätzen und allein in der Messewirtschaft über zwei Milliarden Euro Verlust geht, dann schaffen wir kaum mehr, als über die eigenen Facebook und LinkedIn Kanäle in unserer eigenen Blase zu kommunizieren. Es scheint keinen auf politischer Ebene zu interessieren, anders kann ich es mir nicht erklären, dass die Bundesregierung bei der Beratung des Schutzschildes nicht einen einzigen Vertreter unserer Branche an Board hatte. Wir scheinen einfach nichts wert zu sein!“, ärgert sich Fritzges.

Aber nicht nur Fritzges ist inzwischen emotional im roten Bereich angekommen. Es stellt sich die Frage, wie der Bundesfinanzminister Olaf Scholz scheinbar tiefenentspannt in den Tagesthemen zu verstehen gibt, dass das Instrument der KfW-Bank in Verbindung mit der Hausbank die beste Lösung ist, da die vielen Unternehmer in Deutschland über ein tolles Verhältnis zu ihrer Bank verfügen. Das persönliche Verhältnis zur Bank spielt jedoch bereits seit mehr als zehn Jahren im System des Ratings und der Eigenkapitalvorschriften gar keine Rolle mehr. Davon weiß auch Anja Deilmann, zu berichten: „Meine Hausbank, bei der ich bereits seit 22 Jahren Kunde bin, teilte mir mit, dass auch in solch einem Fall, so hart das klingen mag, ich bereits hätte Rückstellungen bilden müssen“, so die Event-Agentur Inhaberin.

Michael Wagner, geschäftsführender Gesellschafter der form foundation GmbH, bewertet die bereitgestellten Maßnahme der KfW-Banken ebenfalls kritisch: „Es drängt sich in der jetzigen Situation der Eindruck auf, dass mit dem Leid der Unternehmen noch Geld verdient werden soll. Es handelt sich hierbei auch um kein neues Tool und es stellt sich die Frage, ob in acht bis zwölf Wochen mit der eigenen Hausbank die Anträge durchgeprügelt werden können. Und selbst dann wird vielen schon die Luft ausgegangen sein. Ich glaube auch, dass dieses bereitgestellte Geld bei denen ankommt, die es noch am wenigsten nötig haben. Es ist für mich auch keine Soforthilfe im eigentlichen Sinne“, so der erfahrene Messebauer.

Aber Wagner hat auch lobende Worte für die verabschiedeten Maßnahmen: „Man muss jetzt auf Basis der neu formulierten Bedingungen zur Kurzarbeit auch einmal eine Lanze brechen für den Bund. Wenn zusätzlich die Entlastung der Lohnnebenkosten ins Rennen kommt, wäre das schon einmal sehr hilfreich“, so Wagner, der ebenfalls Vorschläge hat, wie man es besser machen könnte. „Wir brauchen praktikable, sofort umsetzbare Lösungen. Warum soll es nicht möglich sein, den Fixkostenblock laut vorliegender BWA direkt für vier bis fünf Monate gefördert zu bekommen?“, fragt der Berliner Unternehmer.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehr viel gegenseitige Solidarität benötigen, um diese schwere Zeit gemeinsam zu überstehen. Dies betrifft in erster Linie die zielführenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie – keine Frage. Im zweiten Schritt müssen wir jedoch auch sicherstellen, dass ordnungspolitisch nachhaltig gehandelt wird. Und hierbei wird bereits der erste Fehler gemacht, indem die Veranstaltungswirtschaft nicht berücksichtigt wird. Warum? Die Veranstaltungswirtschaft hat bereits den ersten Totalausfall zu spüren bekommen, bevor die breite, öffentliche Wahrnehmung für die zu befürchtende dramatische Wirtschaftslage unseres Landes vorhanden war. Auch die Politik übergeht diese erste Katastrophe, als hätte sie nicht stattgefunden.

Bereits am 04. März  prognostizierte Fritzges einen Abschwung von bis zu zehn Prozent, der uns auf einen Stand von 2015 zurückkatapultieren würde und im Verhältnis ein doppelt so hoher Rückgang wäre im Vergleich zur Finanzkrise 2008. „Da ich nach dieser Aussage zur Berechnung auf Basis meiner Projektdaten und den Marktzahlen von mehreren kritisiert wurde, habe ich meine öffentlichen Äußerungen hierzu im Weiteren unterlassen. Ich kann nur mit der vorhandenen Korrelation der letzten zwölf Jahre argumentieren, über die Kausalität kann man streiten“, erklärt Fritzges.

Nachdem jedoch nun die etablierten Wirtschaftsexperten das Gleiche verkünden warnt Fritzges erneut. „Mit der weiteren Entwicklung der Stornierungen und der Annahme, dass bis einschließlich Juni keine Veranstaltungen mehr stattfinden werden, ist die Lage nochmals anders zu bewerten. Jetzt werden wir auf einen Stand zurückversetzt, für den selbst ich über gar keine Vergleichswerte mehr verfüge“, warnt er.

Auch Fritzges hat Ideen, welche Maßnahmen getroffen werden müssten. So schlägt er bereits jetzt zukunftsorientiert Änderungen in der Gesetzgebung vor. „In unserem Infektionsschutzgesetzt § 65 müsste in Absatz 1, in dem die Maßnahmen beschrieben sind, die zur Vernichtung von Gegenständen führen, ebenfalls § 28 aufgenommen werden und für Veranstaltungen greifen. Anderenfalls werden wir das Problem haben, dass Veranstalter auch nächstes Jahr bei der zu erwartenden nächsten Virus-Welle die Planung von Messen und Veranstaltungen zu heikel ist“, erklärt Fritzges.

Darüber hinaus plädiert er für eine vollständige Aussetzung aller Sozialabgaben und Steuern der betroffenen Branche. „Wir können gerne darüber sprechen, für den Fall, dass die Unternehmen dies überleben, Steuern und Sozialabgaben mit einem Förderschlüssel nach Gewinn- und Verlustrechnung abzurechnen. Standardmaßnahmen werden uns nicht retten. Dies ist eine exogen verursachte Ausnahmesituation und benötigt in gleichem Maße Gegenreaktionen!“

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